Die Präambel der Stiftung Wir Eigentümerunternehmer lautet „Europas Werte, Europas Wirtschaft“ und verdeutlicht die Grundhaltung der Stiftung Wir Eigentümerunternehmer und der Wir Eigentümerunternehmer Verbandsgruppe.
„Europas Werte, Europas Wirtschaft“
von Prof. Dr. h.c. Roland Berger
Krise ist ein Begriff, den wir von den alten Griechen kennen. Er bedeutet so viel wie Zuspitzung, eine Entscheidungssituation, die einen Wendepunkt markiert. Wieder einmal steht Europa an einer Wegscheide. Aber wieder einmal können wir Europäer selbst entscheiden und gestalten, wie es weitergeht.
Jugendarbeitslosigkeit, Staatsschulden und – vor allem im Süden – wachsende Armut sind nur drei der schlimmsten Probleme, die Europa lösen muss. Aber die Geschichte der europäischen Integration war schon immer eine Geschichte von Versuch und Irrtum, von Erfolgen und Rückschlägen. „Auch die jetzige Krise wird der Kontinent bewältigen. Denn langfristig gesehen ist Europa, und vor allem auch seine wachsende Einheit, eine Erfolgsgeschichte, um die uns die Welt beneidet.“
Warum wir stolz auf Europa sein können
Lassen Sie uns darüber nachdenken, warum wir stolz sein dürfen auf Europa. Lassen Sie uns darüber sprechen, was die Welt Europa verdankt: Es sind die europäische Kultur und Zivilisation, die – jedenfalls in ihren Ursprüngen – auch heute noch die Welt prägen und ihr immer wieder Vorbilder sind.
Europa als Vorbild für Freiheit, Philosophie und Demokratie
Aber kommen wir zu Europa. Vier Elemente sind es vor allem, warum sich die Welt Europa immer noch zum Vorbild nimmt: seine Werte; sein Weg, durch wissenschaftliche Erkenntnis den – nicht zuletzt auch materiellen – Fortschritt der Menschen zu befördern; seine Regierungs- und Ordnungssysteme und deren Rechtsgrundlagen; seine Hochkultur in Musik, Kunst, Literatur und vielem mehr.
Der deutsche Bundespräsident Theodor Heuss hat einmal gesagt, dass Europa auf drei Hügeln ruhe: auf der Akropolis, also dem Wert von Freiheit, Philosophie und Demokratie; auf dem Kapitol, also auf römischem Recht und staatlicher Ordnung; auf Golgatha, also auf dem Christentum.
Die Bedeutung Europas rechtsstaatlicher Grundlagen der Zukunftssicherung
Damit bin ich bei Europas Regierungs- und Ordnungssystem und seinen rechtsstaatlichen Grundlagen. Zur Freiheit passen nur demokratisch verfasste Staaten, das hat sich in Europa früher und konsequenter als anderswo durchgesetzt. Griechen und Römer haben uns vor 2500 Jahren Demokratie gelehrt, die europäischen Philosophen der Aufklärung haben sie weitergedacht. Der englische König William III. musste im 17. Jahrhundert die „Bill of Rights“ unterschreiben, nach der „Glorious Revolution“ von 1688. Dieses Papier ist deshalb so wichtig, weil es dem Parlament umfassende Rechte gewährte. Den Abgeordneten wurde Immunität zugesichert, damit sie von nun an frei von königlicher Willkür ihrer Aufgabe nachgehen konnten. Die Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution von 1789, die amerikanische Verfassung des Jahres 1791, die belgische Verfassung von 1831, die deutschen Verfassungen der Jahre 1849 und 1919 sowie das deutsche Grundgesetz von 1949 und auch die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen von 1948 basieren darauf. Diese europäische Verfassungstradition ist längst die bestimmende Kraft weltweit, der auch Diktaturen, die heute dank marktwirtschaftlicher Reformen und technischem Fortschritt wirtschaftliche Erfolge feiern, nicht dauerhaft werden widerstehen können.
Die Bedeutung der Wirtschaft Europas und europäischer Politik
Nicht nur die europäische Zivilisation ist führend in der Welt, sondern – noch – auch Europas Wirtschaft: Die EU ist heute der größte Wirtschaftsraum der Welt, 1,2 Mal so groß wie der der Vereinigten Staaten von Amerika, doppelt so groß wie der Chinas und dreimal so groß wie der Japans. Die Europäische Union steht für sieben Prozent der Weltbevölkerung, ein Viertel der Wirtschaftsleistung der Welt, mehr als ein Drittel des Welthandels, die Hälfte der Welt-Sozialausgaben – auch das eine ganz besondere europäische Errungenschaft. Fast ein Viertel der Welt-Währungsreserven werden in Euro gehalten. Allein in China dürften es knapp 700 Milliarden Euro sein. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der EU ist von 2000 bis heute mit 3,2 Prozent jährlich stärker gewachsen als das der amerikanischen mit drei Prozent und das Japans mit 2,9 Prozent (allerdings nach 2008, dem Jahr der Finanzkrise, nur noch um 2,4 Prozent). Europa hat also auch wirtschaftlich keinen Grund, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Aber natürlich nur, wenn es seine Einigung weiter intelligent vorantreibt. Denn Europas Bevölkerung altert und schrumpft, und auch sein Anteil am Weltprodukt wird sinken.